Frühe Blütenpracht auf Brandenburger Heideflächen
Jüterbog/Heidehof/Lieberose/Tangersdorf, 8.8.2024. Vielerorts beginnt die Heideblüte in diesem Jahr früher als gewohnt. Grund dafür sind die milde Witterung im Frühjahr sowie die günstigen Wachstumsbedingungen. Die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg – Die Wildnisstiftung, die Naturwacht Brandenburg und die Heinz Sielmann Stiftung bieten in den kommenden Wochen zahlreiche Möglichkeiten, die lilafarbene Blütenpracht auf eigene Faust oder im Rahmen von geführten Touren zu erleben.
Die Brandenburger Heide begeistert jedes Jahr zur Blütezeit im Sommer mit ihren ausgedehnten lilafarbenen Blütenteppichen. Vor allem in den Morgen- und Abendstunden wirkt diese karge und doch so artenreiche Landschaft wie verzaubert. Was kaum jemand weiß: Brandenburg ist das Bundesland mit der bundesweit größten Heidefläche. Die meisten Heiden in Brandenburg befinden sich heute auf ehemaligen Truppenübungsplätzen, die eine einzigartige Landschaft bewahren. Die Naturwacht Brandenburg zählt 15 Orte mit großen Heideflächen, darunter die Jännersdorfer Heide im NSG Marienfließ, die Kyritz-Ruppiner Heide, die Schönower Heide, die Reicherskreuzer Heide, das Forsthaus Prösa, der Saarmunder Berg und die Döberitzer Heide. Besonders bemerkenswert sind auch die großflächigen Heidegebiete in den Wildnisgebieten der Wildnisstiftung, die auch ohne menschliches Eingreifen jedes Jahr intensiv blühen. Diese liegen in den Wildnisgebieten Jüterbog, Heidehof, Lieberose und in der Kleinen Schorfheide bei Tangersdorf. Sie bieten eine einzigartige Möglichkeit, die beeindruckende Heideblüte und die Entwicklung von Wildnis zu erleben.
Wildnisgebiete Lieberose und Jüterbog laden zum Heidewandern ein
Im Wildnisgebiet Lieberose beobachteten einst ranghohe Militärs vom Feldherrnhügel die Übungen der Soldaten und Manöver der Panzer. Heute können Sie hier ganz in Ruhe die Aussicht auf neu entstehende Wildnis genießen. Eine rollstuhlgerechte Rampe und barrierefreie Wege machen dieses Ausflugsziel für alle erlebbar. Auf zwei Kilometer Rundwanderwegen im Umfeld des Aussichtspunktes gewinnen Sie Einblick in die artenreichen Lebensräume und deren Bewohner, wie den auffällig gezeichneten Wiedehopf oder zahlreiche Schmetterlinge. Das Besondere dabei: Die Aussicht verändert sich an diesem Ort merklich über die Jahre. In dem Wildnisgebiet führt nun großflächig die Natur das Regiment. Der natürliche Prozess der Sukzession verwandelt die einstige Offenlandschaft über die Jahre in ein Mosaik aus Sand, Heide und neu aufwachsenden Wäldern. Die Aussicht Wildnis ist täglich bei freiem Eintritt geöffnet. Der kostenfreie Parkplatz mit Zugang zum Aussichtspunkt und zum Sternenpfad befindet sich an der B168 zwischen Lieberose und Turnow/Peitz. Die Zufahrt zum Parkplatz markiert eine Skulptur mit dem Schriftzug „AUSSICHT“.
Auch im Wildnisgebiet Jüterbog beginnt die Heide allmählich ihre volle Pracht zu entfalten. Das Wegenetz Pechüle-Frankenfelde bietet ein Naturerlebnis mit abwechslungsreichen Landschaften. Besucher können Kiefernwälder, Heiden und neu entstehende Wildnis entdecken. Beim Picknick lassen sich der wunderbare Blick vom Keilberg ins Baruther Urstromtal oder ein Froschkonzert an den Teichen bei Frankenfelde genießen. Wer einen Rundweg gehen möchte, hat hier gleich drei Möglichkeiten zur Auswahl: die Rundwanderwege Pechüle (5,2 Kilometer), Felgentreu (3,5 Kilometer) und Frankenförde (4,8 Kilometer). Mit Verbindungswegen sind die Rundwege miteinander vernetzt, sodass auf dem insgesamt 22 Kilometer umfassenden Wegenetz auch Streckenwanderungen zwischen den Ortschaften möglich sind. Alternativ können Wanderer dem Wanderweg Wurzelberg durch Kiefernwälder folgen, geradewegs in ein Gelände, das derzeit mit seinem fremdartigen Steppen- oder Wüstencharakter zugleich irritiert und fasziniert. Hier ist alles im Wandel, und eine spannende Entwicklung vollzieht sich. Von der Erhebung des Wurzelberges hat man eine gute Aussicht auf eine große Binnendüne als Relikt der letzten Eiszeit und auf die Wildnisentwicklungsflächen. Der Wanderweg ist insgesamt 7,5 Kilometer lang oder kann an der Düne mit einem kleinen Rundkurs zu einer 5,5 Kilometer langen Wanderung abgekürzt werden.
Hier finden Sie mehr Informationen über die Wildnisgebiete und Veranstaltungsangebote der Wildnisstiftung.
Panoramablick auf das Blütenmeer der Kyritz-Ruppiner Heide
Die Kyritz-Ruppiner Heide, die von der Heinz Sielmann Stiftung betreut wird, zählt in Deutschland zu den bedeutendsten Heideflächen. Für den Naturschutz ist sie auch deshalb so wertvoll, weil das Gebiet nicht von Straßen oder Siedlungen durchschnitten ist. Das Betreten der Fläche, die früher als Bombenabwurfplatz diente, ist wegen der Munitionsbelastung bis auf Weiteres nicht möglich. Im Südteil können Sie jedoch auf dem freigegebenen Heideerlebnisweg zwischen Neuglienicke, Pfalzheim und Rossow wandern. Dort bietet der 15 Meter hohe Heideturm auf dem Heinz-Sielmann-Hügel eine gute Möglichkeit für Naturbeobachtungen. Hier können Besucher mit etwas Glück und einem Fernglas oder Spektiv Brachpieper, Ziegenmelker, Wiedehopf und Heidelerche entdecken.
Für alle, die in Berlin oder Umgebung wohnen, bietet sich Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide kurz hinter der westlichen Stadtgrenze als Ausflugsziel an. Vom Parkplatz des Natur-Erlebniszentrums Döberitzer Heide in Elstal sind es nur wenige Schritte, bis man die ersten blühenden Heidesträucher erblickt. Die von dort aus abzweigenden Naturlehrpfade und Waldwege laden zu kurzweiligen Spaziergängen ein. Wer zu einer längeren Wandertour aufbrechen möchte, kann den knapp 24 Kilometer langen Rundweg um die Kernzone des weitläufigen Naturschutzgebiets nutzen. Im Natur-Erlebniszentrum informiert eine kostenfreie, multimediale Ausstellung über die verschiedenen Lebensräume und den besonderen Artenreichtum der Döberitzer Heide.
Hier finden Sie mehr Informationen zu Sielmanns Naturlandschaft Kyritz-Ruppiner Heide und Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide.
Geführte Touren zur Heideblüte in Brandenburg
Am 17. August geht es mit der Wildnisstiftung auf in das Wildnisgebiet Tangersdorf. Eine ca. 10 Kilometer lange Tour führt durch die abwechslungsreiche Natur der Kleinen Schorfheide rund um Beutel. Auf der Wanderung zwischen Heide, Wald und Schilfgürtel entdecken die Besucher*innen, wie sich die Natur die einst zerstörten Flächen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz zurück erobert und nun Wildnis entsteht. https://www.wildnisstiftung.de/besuchen-erleben/veranstaltungen/
Am 17. August lädt die Naturwacht Brandenburg in den Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft ganz im Süden des Landes. Gäste dieser RangerTour zur Abendstunde erleben ab 19 Uhr, wie am Horizont die Sonne über den Heideflächen untergeht. Der lila Blütenteppich verblasst vor dem menschlichen Auge und fremde Geräusche wecken die Neugier. Die Gruppe streift zur Abenddämmerung durch die blühende Besenheide und entdeckt mit Hilfe der Rangerin einige eher heimliche Bewohner. Mit etwas Glück ist auch der unverkennbare Klang des Ziegenmelkers – ein Vogel aus der Familie der Nachtschwalben – vor dieser spektakulären Kulisse zu hören. Die Anmeldung ist bis 15. August möglich.
Am 18. August führt Ranger Ingo Höhne durch das FFH-Gebiet „Forst Zinna/Keilberg“ im Wildnisgebiet Jüterbog. Die Heide wird hier als Überlebensraum für Tier- und Pflanzenarten näher vorgestellt ebenso wie die speziellen Anpassungen der Arten für ein Leben auf Sand. https://www.wildnisstiftung.de/besuchen-erleben/veranstaltungen/
Am 22. und 24. August laden die Rangerinnen und Ranger der Naturwacht in den Norden des Landes zur Kutschfahrt durch die blühende Heide. Im Maultiergespann geht es auf dieser fünfstündigen Fahrt von Lychen aus durch den Naturpark Uckermärkische Seen. Die Kutsche fährt am Lychener Stadtwald vorbei am Stübnitzsee ins Naturschutzgebiet „Kleine Schorfheide“. Hier erfahren die Teilnehmer, wie Ziegen und Schafe mit ihrem Appetit zur Pflege und Offenhaltung der Heideflächen beitragen. Am Capriolenhof lädt die Ziegenkäserei zu einem kleinen Bio-Imbiss. Die Führung durch die Naturwacht ist kostenfrei. Die Kutschfahrt kostet 30 Euro pro Person. Anmeldungen sind jeweils bis vier Tage vor Beginn möglich. Anmeldung unter: https://www.naturschutzfonds.de/natur-erleben/brandenburger-heidelandschaften
Am 7. September bietet die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg – Die Wildnisstiftung eine Fahrradtour zum Thema „Die Heide in Natur- und Kulturlandschaft“. Erleben Sie das Wildnisgebiet Lieberose zur Heideblüte! Gemeinsam schwingen sich die Teilnehmenden in Lieberose auf die Drahtesel, folgen der ehemaligen Kleinbahnlinie und erkunden zunächst die Heide im Wildnisgebiet. Woher stammt der Heidebegriff und welchen natürlichen Prozessen unterliegt die Heide in der Wildnis? Weiter geht es in Richtung Reicherskreuzer Heide, vorbei an malerische Landschaften bis zur Gedenkstätte Jamlitz. In der Reicherskreuzer Heide die Besucher*innen den Beobachtungsturm und können sich vom lila Blütenmeer verzaubern lassen. Zurück in Lieberose besteht die Möglichkeit, im örtlichen Eiscafé einzukehren. https://www.wildnisstiftung.de/besuchen-erleben/veranstaltungen/
Hintergrund
Lebensraum für seltene Arten
Mit Blick auf die Flora sind Heiden eher artenarm. Neben der namensgebenden, zur Blütezeit so beeindruckenden Calluna-Heide wachsen hier Besenginster, Silbergras, Sand-Segge, Kleines Habichtskraut, Bauernsenf und Frühlings-Spergel. Auch einige Flechten und Moose kommen vor. Betrachtet man hingegen das Tierreich, die Fauna, entpuppt sich die Heide als Refugium vieler seltener und geschützter Arten. Ziegenmelker, Heidelerche und Wiedehopf fühlen sich auf den trockenen Heideflächen wohl. Hier finden sie durch die große Insektenvielfalt reichlich Nahrung und sind zudem durch das Wegegebot ungestört.
Auf den großen und störungsarmen Flächen findet auch der Rothirsch zu seinen ursprünglichen Verhaltensweisen zurück. Die Geweihträger stammen aus der Steppe, also dem Offenland mit weiter Sicht. Erst die Jagd drängte die Tiere hierzulande in die Wälder und zur Nachtaktivität. Auf den großen Heideflächen zeigt sich das Rotwild wieder in großen Rudeln und häufig am Tage. Auch der Wolf kehrte Anfang der 1990er Jahre nach Brandenburg zurück und findet auf den ehemaligen Truppenübungsplätzen hinreichend Rückzugsorte und Nahrung.
Übrigens: Das Wort „Heide“ deutet nicht zwingend auf die lila blühende Calluna-Heide hin. Historisch bezeichnet der Begriff vielmehr die Allmende, also die von den örtlichen Bauern gemeinschaftlich genutzten Weideflächen und Hute-Wälder. Mancherorts wird man also vergebens nach der schönen lila Calluna-Blüte Ausschau halten, obwohl die „Heide“ im Orts- oder Gebietsnamen ihr Vorkommen zunächst vermuten lässt.
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Anika Niebrügge
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