Forschungsergebnisse aus dem Projekt PYROPHOB
Wie können wir Waldbrände und ihre Folgen besser bewältigen?
Waldbrände stellen weltweit eine zunehmende Herausforderung dar, die durch den Klimawandel noch verstärkt wird. Auch in Brandenburgs ausgedehnten Kiefernforsten brennt es immer häufiger. Die Folgen betreffen nicht nur die Forstwirtschaft, sondern auch die Gesellschaft und Volkswirtschaft insgesamt. Prävention, Bekämpfung und Nachsorge sind mit hohen Kosten verbunden. Das Forschungsprojekt PYROPHOB hat sich fünf Jahre lang der Aufgabe gewidmet, wissenschaftliche Grundlagen für nachhaltige Strategien im Umgang mit Waldbränden und ihren Auswirkungen zu erarbeiten. Die Ergebnisse und Empfehlungen wurden nun in der Vertretung des Landes Brandenburg in Berlin präsentiert.
PYROPHOB: Ein interdisziplinärer Ansatz zur Waldbrandforschung
PYROPHOB ist das bislang größte Forschungsprojekt dieser Art in Brandenburg und wurde von acht Institutionen getragen. Im Fokus standen die Folgen von Waldbränden in Kiefernforsten und die Untersuchung verschiedener Strategien zur Wiederbewaldung der Brandflächen. Es gab zwei Untersuchungsgebiete: die 2018 abgebrannte Treuenbrietzener Waldbrandfläche, die 2022 erneut von einem Brand betroffen war, sowie die 2019 verbrannte Waldfläche im Wildnisgebiet Jüterbog.
Naturverjüngung und Resilienz durch Vielfalt
Ein zentraler Befund der Forschung ist die Bedeutung der natürlichen Vegetationsentwicklung. In Treuenbrietzen zeigte sich, dass Pionierbaumarten wie die Zitterpappel sich überraschend gut etablierten. Bereits drei Jahre nach dem Brand waren auf einigen Flächen Bäume mit einer Höhe von über fünf Metern anzutreffen. Diese Laubbäume erwiesen sich als widerstandsfähiger gegenüber Feuerereignissen als Kiefern, was ihre Rolle in der Schaffung klimaresilienter Mischwälder unterstreicht. Im Gegensatz dazu verlief die Erholung der Waldflächen in Jüterbog aufgrund extremerer Wuchsbedingungen wie etwa einer höheren Landschaftstemperatur oder der Böden mit höherem Sandanteil langsamer. Mit fortschreitendem Klimawandel ist damit zu rechnen, dass die Ökosystemerholung nach derartigen Störungen weniger zuverlässig sein wird.
Extreme Wetterbedingungen als Herausforderung
In den Untersuchungszeitraum fielen vier von fünf der heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Waldbrände trugen dazu bei, dass im Untersuchungsgebiet ausgeprägte Hitze und Dürrewerte zu verzeichnen waren. Die Anzahl der heißen Tage mit Temperaturen über 30°C lag in beiden Untersuchungsgebieten um das bis zu Fünffache über dem Landesdurchschnitt. Diese Bedingungen hatten deutliche Auswirkungen auf die Bodenfunktionen und die Regeneration der Ökosysteme. Als besonders problematisch erwies sich die Bearbeitung der Böden nach Bränden, da sie zu einer weiteren Verschlechterung der Bodenstruktur führte. Neu gepflanzte Kiefernsetzlinge auf Kahlschlägen hatten kaum eine Chance. Demgegenüber trug das Belassen von Totholz zur Revitalisierung der Ökosysteme und einer größeren Strukturvielfalt bei.
Biodiversität: Neue Erkenntnisse zu Lebewesen und ihren Interaktionen
Das Projekt brachte spektakuläre Neu- und Wiederfunde zutage, darunter bislang unbekannte Pilzarten wie das Keulige Mooskeulchen. Auch bisher unbekannte ökologische Beziehungen wurden entdeckt wie z. B. die Symbiosen von Steinpilz und Marone mit Zitterpappeln. Dies erlaubt neue Perspektiven auf die Rolle von Pilzen bei der Waldregeneration. Nach über 100 Jahren gelang der Wiederfund einer Reliktpopulation des Haarscheinrüsslers, einer Käferart, deren deutschlandweit einziges Vorkommen auf den untersuchten Flächen liegt. Auch bei den Spinnentieren gab es einen Neufund für Deutschland, die Art Silometopus acutus, deren nächste Fundorte in Polen und Schweden liegen.
Wissenschaft und Praxis im Dialog: Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Waldwirtschaft
„Die Ergebnisse von PYROPHOB bestätigen unsere Annahme, dass intensive forstliche Eingriffe nach Bränden für die Regeneration von Ökosystemen ungünstig sind,“ erklärt Pierre Ibisch, Professor für Sozialökologie der Waldökosysteme und Projektleiter von PYROPHOB. „Natürliche Prozesse und eine kluge Steuerung der Brandnachsorge sind unter den durch den Klimawandel zunehmend erschwerten Bedingungen eine entscheidende Grundlage für die zukünftige Waldentwicklung.“, so Ibisch weiter.
Totholz sollte auf den Flächen belassen und auf Bodenbearbeitung verzichtet werden, damit Böden und Vegetation sich möglichst schnell wieder erholen können. „Die PYROPHOB-Forschungsfläche in unserem Wildnisgebiet Jüterbog führt uns eindrucksvoll vor Augen, was möglich ist, wenn die Natur sich selbst helfen darf. Natürliche Sukzession auf Wildnisflächen kann als wichtige Referenz für die Waldwirtschaft und den Naturschutz dienen.“, ergänzt Dr. Andreas Meißner, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg. Die in PYROPHOB gefundenen Ansätze sollten in politischen und forstwirtschaftlichen Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden, um widerstandsfähige und klimafeste Wälder zu schaffen.
Download der Abschlusspublikation: Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Band 77
Abschlussexkursionen zum Projekt am 31.3. und 9.4.2025: Anmeldung
Das Projekt PYROPHOB wurde von 2020 bis 2025 von acht Institutionen gemeinsam durchgeführt. Im Zentrum stand die systematische Analyse der ökosystemaren Folgewirkungen von Waldbränden in Kiefernforsten sowie der Waldentwicklung nach unterschiedlichen Behandlungen der Brandflächen. Untersucht wurden neben einer Waldbrandfläche aus dem Jahr 2018 bei Treuenbrietzen, die während der Projektlaufzeit 2022 von einem erneuten Brand betroffen war, auch eine im Jahr 2019 verbrannte Waldfläche im Wildnisgebiet Jüterbog. Auf Grundlage eines interdisziplinär-ökosystemaren Ansatzes untersuchte PYROPHOB, wie Brände und nachfolgende forstliche Maßnahmen das Ökosystem verändern und inwiefern Maßnahmen die Entwicklung eines neuen Waldes fördern können, der weniger brandgefährdet und klimawandelresilienter ist als die bislang dominierenden Kiefernforsten. Auf insgesamt 15 Untersuchungsflächen wurden Erkenntnisse zu Waldböden, Mikroklima, Vegetation, Pilzen und Tieren im verbrannten und unverbrannten Ökosystem erzielt.
Das Projekt wurde von den Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft und für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz im Rahmen des Waldklimafonds über die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert.
Weitere Informationen unter www.pyrophob.de
Projektpartner:
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