Waldbrand im Wildnisgebiet Lieberose: Ein Rückblick

Brand im Wildnisgebiet Lieberose

Die Brandbekämpfung im Wildnisgebiet Lieberose dauerte über sechs Wochen an.

Am 4. Juli 2022 brach im Wildnisgebiet Lieberose ein verheerendes Feuer aus. Erst am 19. August 2022, sechs Wochen und vier Tage später, konnte die Wildnisstiftung die intensive Waldbrandwache einstellen. Gegen den Brand kämpften bis zu 230 Einsatzkräfte. Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Hubschrauberpiloten der Bundespolizei und Bundeswehr und Mitarbeiter*innen der Stiftung gingen an ihre Grenzen. Unterstützt wurden sie von Landesförstern und Agrarunternehmen. Dieser Beitrag schildert das Ausmaß des Brandes und ruft zu einem besseren Umgang mit unseren Wäldern auf.

2022 war ein weiteres Dürrejahr. Von März bis Mitte September fielen kaum Niederschläge. In Brandenburg brannten viele Gebiete. In den meisten Fällen schafften es die zahlreichen Einsatzkräfte vor Ort nach maximal drei Wochen, die Brände unter Kontrolle zu bringen.

Das Feuer im Wildnisgebiet Lieberose

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Bundeswehrhubschrauber beim Wasserabwurf, um den Brand im Moor einzudämmen. Im Vordergrund ist die unverbrannte Seite des Moores zu erkennen.

Anders verlief es in der Lieberoser Heide. Hier stand ein rund 30 Hektar großes Moor in Flammen, die „Große Zehme“. Aufgrund des Klimawandels war es an der Oberfläche und an den Randbereichen trockengefallen. Der ausgetrocknete Torfkörper brannte und schwelte über Wochen hinweg. Ein intensives Regenereignis, das diesen Brand endgültig hätte löschen können, blieb über Wochen aus. So fraß sich die Glut unterirdisch weiter durch den Moorkörper. An zahlreichen Stellen lief das Bodenfeuer aus dem Moor in die angrenzenden Waldflächen. Weitere rund 60 Hektar Wald verbrannten.

Das Wildnisgebiet auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz gilt als Kampfmittelverdachtsfläche. Deswegen konnte die Feuerwehr den Brand nur von den sicheren, kampfmittelfreien Wegen aus löschen. In den ersten Tagen wurde der Brand als Großschadenslage eingestuft und der Landkreis Dahme-Spreewald koordinierte die Brandbekämpfung. Danach übernahm das Amt Lieberose die Einsatzleitung und Koordination der weiteren Löscharbeiten. Hubschrauber schütteten tausende Liter Wasser aus den nahegelegenen Seen über den Brandherden aus. Beregnungsanlagen kamen zum Einsatz. Bis das Feuer nach rund drei Wochen unter Kontrolle war, arbeiteten die Einsatzkräfte rund um die Uhr. Zur Unterstützung der zahlreichen freiwilligen Feuerwehren aus allen Ortschaften der Lieberoser Heide wurde zeitweise Verstärkung aus ganz Brandenburg angefordert.

Erst nach dem 26. Juli 2022 wurden die Flächen als überwiegend gelöscht an die Eigentümerin, die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, übergeben.

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Verbrannte Mooroberfläche in der Großen Zehme im Wildnisgebiet Lieberose.

Unterirdisch schwelten allerdings einzelne Bereiche des Moores sowie in den angrenzenden Wäldern weiter. Die Mitarbeiter*innen der Stiftung und ihre Partner vom Landesbetrieb Forst Brandenburg überwachten täglich das Gebiet. Sie löschten das Feuer eigenständig oder riefen immer wieder die Feuerwehr zur Hilfe. Erst ergiebige Regenfälle löschten das Feuer nach vier Wochen vollständig.

 

Moorbrände vernichten Arten und schaden dem Klima

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Sonnentau wächst in den Mooren im Wildnisgebiet Lieberose © Dr. Tilo Geisel

Der langanhaltende Brand schädigte die Ränder sowie die trockeneren Bereiche an der Oberfläche des Moores. Er beschädigte zudem humusreiche Waldböden. Am problematischsten waren die über Wochen anhaltenden Schwelbrände im Moorkörper. Lebenswichtiges Wurzelwerk von Bäumen und Sträuchern verbrannte, sodass die Pflanzen in der Folge abstarben.

Moore sind für uns und unsere Umwelt extrem wichtig. Sie sind Hotspots der Artenvielfalt, ein Zuhause für viele besondere, teilweise vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Durch den Brand verloren vielen von ihnen ihren Lebensraum oder sie starben in den Flammen. Dazu gehörten seltene Pflanzen wie der Sonnentau und Schwingrasen, aber auch Amphibien wie die Zauneidechse und Insekten wie der Heldbock. Diese Arten sind zu klein und zu langsam, um vor dem Feuer zu fliehen.

Moore gehören zu den größten natürlichen Kohlenstoffspeichern auf unserem Planeten. Moorbrände setzen über Jahrhunderte gebundener Kohlenstoff in kürzester Zeit wieder frei. Das treibt den Klimawandel noch weiter an.

Ein intaktes Moor wächst im Durchschnitt einen Millimeter im Jahr. Nach einem Moorbrand würde es somit mehrere Jahrhunderte bis Jahrtausende dauern, um wieder zur heutigen Größe heranzuwachsen. Jedoch ist es fraglich, ob es aufgrund des Klimawandels je dazu kommen wird.

Der überwiegende Teil der Waldbrände ist menschengemacht

Feuer gehört nicht in den Wald. Sei es die Zigarette, der Partygrill oder die Glasflasche, die unachtsam zum Wegesrand rollt: In Zeiten des Klimawandels können kleinste Vorkommnisse einen fürchterlichen Verlauf nehmen. Menschliches Handeln verursacht mehr als 90 Prozent aller Waldbrände. Fast die Hälfte aller Waldbrände beruhen auf Brandstiftung und Fahrlässigkeit. In Brandenburg gab es im Jahr 2022 zwischen Juni und August fast 500 Brände. Dabei waren über 1.400 Hektar Wald betroffen.

Großbrände dieser Art und Häufigkeit sind in keinem Wald oder Moor Teil der natürlichen Dynamik. Ein wichtiges Anliegen der Wildnisstiftung ist es, Menschen für die Gefahr von Waldbränden zu sensibilisieren.

Wie die Wildnisstiftung ihre Wälder vor Bränden schützt

Die Kombination aus trockenem Wald, Kampfmittelbelastung und Klimakrise birgt große Risiken. Die Stiftung entwickelte deshalb ab dem Jahr 2010 Waldbrandschutzkonzepte. Sie verfolgen drei Ziele:

  1. Oberstes Ziel ist der Schutz von Menschenleben und umliegender Flächen vor einem Übergreifen des Feuers.
  2. Damit Feuerwehr und andere Einsatzkräfte sicher arbeiten können, werden Wege und Brandschutzstreifen von allen gefährlichen Altlasten geräumt.
  3. Dabei greift die Wildnisstiftung so wenig wie möglich in die zentralen Wildnisflächen ein und unternimmt alles für den Schutz wertvoller Biotope.

Die Waldbrandschutzsysteme setzt die Wildnisstiftung in Kooperation mit Landkreisen, Feuerwehr, Forstverwaltung, Naturschutz und weiteren Expert*innen um. Sie werden regelmäßig überprüft und verbessert.

Im Wildnisgebiet Lieberose wurden während des letzten Brandes neue Waldbrandschutzstreifen sowie Wundstreifen angelegt und konnten eine Ausbreitung auf weitere Flächen verhindern. Um das Moor herum wurden die Wege teilweise mit Natursteinen instandgesetzt, damit die Feuerwehr sie besser befahren kann. Zusätzlich beauftragte die Wildnisstiftung umfangreiche Kampfmittelberäumungen für weitere sichere Einsatzwege. Die Stiftung investiert einen Großteil ihrer Arbeit und Budgets in die Sicherheit auf ihren Flächen.

Nach Waldbränden regeneriert sich die Natur

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Erste Gräser sind schon wenige Wochen nach dem Brand im Wildnisgebiet sichtbar.

Im Wildnisgebiet Lieberose wurde die natürliche Entwicklung aufgrund des Waldbrandes auf einigen Flächen auf Null gesetzt. Pflanzen und Tiere müssen von vorne anfangen, sich ihren Naturraum zurückzuerobern. Die Wildnisstiftung bleibt ihrem Konzept treu und lässt die Flächen unberührt. Die Natur darf sich hier eigenständig regenerieren. Wie das Moor zukünftig aussehen wird, bleibt ungewiss. An einigen Stellen sind allerdings die ersten grünen Gräser zu entdecken.